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Ambulanter Hospizdienst Neckar-Stromberg e.V.

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Ambulanter Hospizdienst Neckar-Stromberg e.V. | 01.12.2025

Selbstbestimmt sterben – Assistierter Suizid zwischen Autonomie, Fürsorge und Verantwortung

Das Thema „Selbstbestimmt sterben“ hat viele Dimensionen. Dies legte Dr. Manfred Baumann, fachlicher Leiter der Hospizstiftung Rems-Murr-Kreis e. V. kürzlich in seinem Vortrag in der voll besetzten Gemmrigheimer Kelter dar. Der Ambulante Hospizdienst Neckar-Stromberg und die Gemeinde Gemmrigheim hatten gemeinsam zu einem ernsten und zugleich wichtigen Thema eingeladen: Welche Aspekte wollen bedacht sein, wenn ein Mensch sein Sterben selbst bestimmen und gestalten will?

Als erfahrener Palliativmediziner beschäftigt sich Manfred Baumann seit Jahren mit der Frage, wie Gesellschaft und Medizin mit Todeswünschen umgehen. Dafür initiierte er das Ethik-Café im Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart sowie weiterer in den angrenzenden Landkreisen.

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2020 ist der assistierte Suizid hierzulande rechtlich möglich. Damit gehöre Deutschland derzeit zu den liberalsten europäischen Ländern, wenn es um die rechtliche Bewertung selbstbestimmten Sterbens gehe. Diese Freiheit nahm Dr. Manfred Baumann als Auftrag, die soziale Dimension zu betrachten. Er betonte, ein Mensch, der sich mit dem Gedanken trage, seinem Leben ein Ende zu setzen, dürfe nicht alleingelassen werden. Es gelte herauszufinden, was hinter diesem Wunsch stehe. Angst, Überforderung, Einsamkeit oder tatsächliche Entschlossenheit? Deshalb sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben, eine Haltung des Zuwendens zu kultivieren und aufmerksam hinzuhören, was der Mensch sagt. Der ambulante Hospizdienst allein kann das nicht leisten. Gerade hierfür brauche es aktive Nachbarschaftlichkeit und dass Menschen füreinander da seien, bevor Einsamkeit zum Nährboden eines Sterbewunsches werde.

In der Palliativversorgung und Seelsorge sehe er die Aufgabe, Leid medizinisch und menschlich zu lindern und auch Räume zu schaffen, in denen Fragen nach dem Lebensende offen ausgesprochen werden dürfen. Selbstbestimmt zu sterben bedeute auch informiert, begleitet und in Freiheit entscheiden zu können. Diese Haltung braucht Mut – sowohl von jenen, die über ihr Sterben nachdenken, als auch von denen, die sie begleiten. Die Ethik-Cafés seien ein Ort, um diesen Dialog in niederschwelligen Begegnungen zwischen Bürgern, Pflegekräften, Ärzten und Seelsorgern zu fördern. Hier dürften die Beteiligten über Werte, Grenzen und Verantwortung am Lebensende sprechen. Damit würden die großen ethischen Fragen dorthin zurückgebracht, wo sie hingehörten – mitten ins Leben.

v.li.n.re. Jörg Frauhammer, Bürgermeister Gemmrigheim, Anita Ereth, Vorsitzende des Ambulanten Hospizdienstes begrüßten den Referenten, Dr. Manfred Baumann
v.li.n.re. Jörg Frauhammer, Bürgermeister Gemmrigheim, Anita Ereth, Vorsitzende des Ambulanten Hospizdienstes begrüßten den Referenten, Dr. Manfred Baumann