Das Anna-Riecker-Haus geht in Betrieb – Pflege-WG soll selbstbestimmtes Leben ermöglichen

Innovative Pflege und Ärztehaus unter einem Dach

Die Kombination aus neuer Pflege-WG und Ärztehaus geht unter dem Namen Anna-Riecker-Haus in Betrieb. In dem Neubau in der Schillerstraße 31 in Kirchheim am Neckar stehen zwölf Plätze für Menschen mit Pflegebedarf zur Verfügung. Zudem sind die MVB-Allgemeinarztpraxis und der Zahnarzt Dr. Nils Gerhard eingezogen. Mit einem Tag der offenen Tür am Sonntag, 3. März, wird die neue Einrichtung gefeiert. „Für unsere Gemeinde sind Pflege-WG und Ärztehaus eine ganz wichtige Ergänzung des bisherigen Angebots“, erklärt Bürgermeister Uwe Seibold. Die Gemeinde ist Initiatorin und Projektträgerin, die Evangelische Kirchengemeinde Kirchheim und die Sozialstation Bönnigheim stehen als Kooperationspartner und Geldgeber an ihrer Seite. Unterstützung kommt außerdem von einem bereits gegründeten Förderverein.

Konzept: Verantwortung in den eigenen Händen

Das Anna-Riecker-Haus verfolgt einen anderen Ansatz als die meisten Pflegeheime. Die Pflege-WG soll es den Bewohnerinnen und Bewohnern ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das heißt, sie sind mit Unterstützung ihrer Angehörigen selbst dafür verantwortlich, ihren Haushalt zu führen und ihren Alltag zu organisieren. Die WG bietet die Möglichkeit, einerseits die eigene Individualität zu bewahren und andererseits gemeinschaftlichen Zusammenhalt zu erleben. Die familiäre Atmosphäre und die gemeinschaftlichen Aktionen sollen die Alltagskompetenz erhalten und fördern. Die Pflege-WG ergänzt das bestehende ambulante und stationäre Angebot in Kirchheim.

Pflegebedürftige Menschen jeden Alters

Gedacht ist die Pflege-WG für pflegebedürftige Menschen jeden Alters mit und ohne Demenz (ab Pflegegrad 2). Voraussetzung ist, dass die Angehörigen bereit sind, sich in den Alltag der WG und in die Unterstützung der Pflegebedürftigen einzubringen. Auch für Menschen, die ihren Alltag nicht mehr selbst bestimmen können, soll die Pflege-WG ein hohes Maß an normaler Häuslichkeit in gewohnter Umgebung bieten. Geburtstage, Weihnachten oder andere Feste werden gemeinsam gefeiert. Da die wohnortnahe Versorgung im Mittelpunkt steht, werden Bürgerinnen und Bürger und deren Angehörige der Gemeinde Kirchheim am Neckar, aber auch des Gemeindeverwaltungsverbandes Bönnigheim bevorzugt.

Wichtige Unterstützung: Hauptberufliche Alltagshelfer

Eine zentrale Rolle spielen die hauptberuflichen Alltagsbegleiterinnen und -begleiter, die rund um die Uhr in der Wohngemeinschaft präsent sind. Sie verfügen über Grundkenntnisse in der Pflege, in der sozialen Betreuung und in der Hauswirtschaft. Sie sollen die Bewohnerinnen und Bewohner einbinden und fördern. Für darüber hinaus gehende individuelle Pflegeleistungen können die Bewohnerinnen und Bewohner frei wählbare ambulante Dienste beauftragen.

480 Quadratmeter barrierefreie Wohnfläche

Die Pflege-WG liegt im Erdgeschoss des Anna-Riecker-Hauses und verfügt über 480 Quadratmeter barrierefreie Wohnfläche. Es gibt zwölf Einzelzimmer mit jeweils 15 Quadratmetern. Dazu kommt ein zentraler Wohn- und Essbereich mit großer, rollstuhlgerechter Küche. Als Rückzugsorte sind zusätzliche Aufenthaltsbereiche eingerichtet worden. Terrasse und Garten sind über die Gemeinschaftsebene erreichbar. Im Obergeschoss hat sich die MVB-Allgemeinarztpraxis niedergelassen, die ihre Räume bislang in der Hauptstraße hatte. Die Zahnarztpraxis von Dr. Nils Gerhard ist neu in Kirchheim. Im Dachgeschoss befinden sich Wohnungen, die über einen Aufzug erreichbar sind. Das Gebäude ist an das Kirchheimer Nahwärmenetz angeschlossen.

Gemeinde ist Vermieterin

Als geschäftsführende Vermieterin tritt die Gemeinde Kirchheim auf. Die Bewohnerinnen und Bewohner schließen mit der Gemeinde entsprechende Mietverträge ab, beim Wechsel von Mietern wird das Bewohnergremium angehört. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 1,85 Millionen Euro, die Baukosten auf 1,65 Millionen Euro. Die Gemeinde trägt davon 50 Prozent, die evangelische Kirchengemeinde und die Sozialstation Bönnigheim zusammen die andere Hälfte. Aus der Anna-Riecker-Stiftung, Stiftung für Krankenpflege, Seniorenbetreuung und Menschen in Not und die Ernst-Ackermann-Stiftung sind 750.000 Euro in das Projekt geflossen. Das Land steuert einen Zuschuss von 100.000 Euro bei, der Landkreis 50.000 Euro.

Förderverein steht bereit

Der Förderverein Kirchheimer Pflege-WG unterstützt das neue Angebot intensiv. Er kann für bestimmte Zwecke Fördergelder zur Verfügung stellen und eine Plattform für ehrenamtliche Helfer schaffen. Dabei geht es beispielsweise um Besuchsdienste, Andachten, Spielenachmittage, Vorlesestunden oder Gymnastik- und Bewegungsangebote. Möglich sind auch Schulungen für Ehrenamtliche, um den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner gerecht werden zu können.

HINTERGRUND

Das Gebäude für Pflege-WG und Ärztehaus trägt den Namen Anna-Riecker-Haus. Die Kirchheimerin hatte der Gemeinde nach ihrem Tod im Jahr 2004 einen Teil ihres Vermögens vererbt mit der Auflage, das Geld für soziale Zwecke zu nutzen. Die Gemeinde hatte deshalb die Anna-Riecker-Stiftung eingerichtet. Mit Zinserträgen konnten bereits einige Projekte gefördert werden. Das Geburtshaus von Anna Riecker steht nur rund 100 Meter von der Pflege-WG entfernt.