So ist Kirchheim auf mögliche Notlagen vorbereitet

Niemand hofft, dass die Szenarien zu Mangellagen bei Strom und Gas im bevorstehenden Winter zur harten Realität werden könnten. Was aber, wenn doch der Fall der Fälle eintritt? Und wie ist Kirchheim auf verschiedene, denkbare Situation eingestellt und dafür gerüstet? Der folgende Überblick gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Erreichbarkeit bei Netzausfällen

Sollte das Stromnetz oder das Telefonnetz im gesamten Ort für eine längere Zeit (ab ca. 2 bis 3 Stunden) ausfallen, werden sowohl das Feuerwehrhaus als auch das Rathaus mit Bereitschaftsdiensten rund um die Uhr besetzt, um Notrufe entgegen zu nehmen und weiterleiten zu können und natürlich, um für wichtige Anliegen und Hilfeleistungen zur Verfügung zu stehen. In beiden Einrichtungen können im Notfall mit mobilen Notstromgeräten die erforderlichen Grundfunktionen weiter gewährleistet werden. Feuerwehr und DRK sind über Funkgeräte mit der Integrierten Leitstelle des Landkreises verbunden und können so beispielsweise Notrufe weiterleiten und koordinieren.

Parallel dazu wird aktuell eine für Katastrophenfälle geeignete Satelliten-Telefonanlage installiert, die in Kürze einsatzfähig ist. Auch darüber können zum Beispiel vom Rathaus aus Notfälle weitergeleitet und wichtige Kommunikationswege erhalten werden. Auch eine Internetverbindung und eine begrenzte Erreichbarkeit per E-Mail können so über Satellitentechnik gewährleistet werden.

Wasserversorgung

In den beiden Kirchheimer Hochbehältern werden ständig über 1,5 Millionen Liter Trinkwasser gespeichert – damit kann der gesamte Wasserbedarf der Gemeinde für 2 bis 3 Tage aus den Reserven zur Verfügung gestellt werden. Die Hochbehälter sind außerdem an die Bodensee-Wasserversorgung angeschlossen, die aufgrund von eigenen Notfallsystemen auch bei einem Stromausfall für eine gewisse Zeit in der Lage ist, weiterhin frisches Trinkwasser zu liefern.

Sollte diese Möglichkeit nicht mehr gegeben sein, kann mit einer mobilen Notstromversorgung Trinkwasser aus dem ebenfalls ins Netz integrierten Tiefbrunnen der Gemeinde in der Hohensteiner Straße in die Hochbehälter eingespeist und so die Versorgung mit Wasser sichergestellt werden.

Die Versorgung der einzelnen Haushalte funktioniert nicht nur im Notfall, sondern ohnehin Tag für Tag völlig ohne Strom und nur auf der Grundlage des Wasserdruckes, der durch die Höhenlage der Wasserspeicher erreicht wird. Um mit den vorhandenen Reserven möglichst lange zu recht zu kommen und trotzdem zum Beispiel auch für einen Brandfall gerüstet zu sein, wird deshalb dringend gebeten, bei einem auch längerfristigen Stromausfall keine größeren Wasserreserven (etwa durch das Befüllen von Badewannen oder Wasserfässer) anzulegen.

Abwasserbeseitigung

Aufgrund der topografischen Lage der Kläranlage kann das Abwasser nur über eine große Pumpenanlage ins Klärwerk gelangen. Um auch hier bei Stromausfällen Betriebssicherheit zu erreichen und einen Rückstau ins Kanalnetz und damit vor allem auch in den Ortskern zu vermeiden, wurde hier schon vor einigen Jahren eine dauerhafte und sofort einsatzfähige Notstromversorgung aufgebaut, die unterbrechungsfrei den Betrieb der Kläranlage aufrecht erhalten kann.

Nahwärmeversorgung

Die Nahwärmeversorgung der in Kirchheim angeschlossenen Haushalte gewinnt die benötigte Wärme aktuell durch einen Energie-Mix aus Holzpellets und Erdgas, wobei mit dem eingesetzten Erdgas in den Blockheizkraftwerken gleichzeitig rund 1,2 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Für die Holzpellets bestehen langfristige Lieferverträge mit einem seit vielen Jahren zuverlässigen Lieferanten, es kann deshalb damit gerechnet werden, dass die Belieferung auch in diesem Winter reibungslos funktioniert. Die Vorräte der Holzpellets reichen je nach Witterung für einen Zeitraum von bis zu ca. 2 Wochen.

Bei den Gaslieferungen ist die Nahwärmeversorgung auf die Verfügbarkeit des Gases im öffentlichen Netz angewiesen. Sicher ist allerdings, dass im Falle der Umsetzung der bundesweiten Notabschaltpläne Wärmeversorger länger als alle anderen Kunden am Netz gehalten werden. Eine Beeinflussung der Lieferung durch die Gemeinde ist aber leider nicht möglich.

Für die Zukunft wird ein Heizkraftwerk auf Basis von heimischen Holzhackschnitzeln das Herzstück der Nahwärme bilden, dann ist eine größtmögliche Unabhängigkeit auch im Falle von Engpässen bei Gaslieferungen gegeben.

Der Betrieb der Wärmezentralen funktioniert aber nur, solange Strom verfügbar ist. Deshalb werden auch die Wärmezentralen nach und nach mit mobilen Notstromgeräten abgesichert. Da die jetzt im Raum stehenden Krisenszenarien nicht absehbar und planbar waren, sind diese Geräte aber erst teilweise vorhanden. Nach derzeitigem Stand kann davon ausgegangen werden, dass im Laufe des Januars 2023 die vollständige Absicherung mit Notstromaggregaten zur Verfügung steht.

Was für die Heizzentralen gilt, gilt aber auch für jeden Haushalt: die Steuerung der Heizung und der Betrieb der erforderlichen Pumpen in den Häusern und Wohnungen setzt Strom voraus. Hier kann nur vom jeweiligen Eigentümer oder Mieter selbst Vorsorge getroffen werden. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Gebäude, die durch Nahwärme versorgt werden, sondern auch für alle anderen Gebäude.

Preisentwicklung bei der Nahwärme

Die Verbrauchspreise bei der Nahwärme sind an einen Energiepreis-Index gebunden, die Grundgebühren orientieren sich an den allgemeinen Kostensteigerungen, insbesondere im Personalbereich, aber auch bei Investitionen.

Wie werden sich vor diesem Hintergrund die Preise entwickeln? Da die Gemeinde auch hier über langfristige Verträge mit gesicherten (und bis jetzt ungekündigten bzw. unkündbaren) Preisen verfügt, werden die Kosten für die Kundinnen und Kunden der Nahwärme in diesem Jahr nicht und im kommenden Jahr voraussichtlich nur moderat steigen. Unter Berücksichtigung der angekündigten Senkung der Mehrwertsteuer müssen Haushalte im kommenden Jahr mit höheren Kosten von voraussichtlich 20 bis 30 Euro monatlich rechnen – im Vergleich zu anderen Heizungsarten bleibt die Nahwärme also günstig! Sobald die konkreten Zahlen der Kostenentwicklung vorliegen, werden die Kundinnen und Kunden der Nahwärmeversorgung in einem individuellen Anschreiben aber noch detailliertere Informationen erhalten.

Wärmeräume und Treffpunkt bei Notlagen

Bereits im Rahmen der Planungen für die Erweiterung und Sanierung der Schule auf dem Laiern wurde vorgesehen, das gesamte Areal für Fälle des Katastrophenschutzes (z.B. auch für Evakuierungen etc.) zu ertüchtigen. Aufgrund der Lage außerhalb eines Überflutungsgebietes, der dortigen Nahwärmezentrale, der großen Photovoltaikanlagen und der vielen Räume und Flächen bietet das Gelände die idealen Voraussetzungen dafür. Deshalb ist auch hier bereits seit langem eine Notstromversorgung eingeplant, die sich derzeit im Aufbau befindet und in Kürze zur Verfügung steht. Damit stehen dann die gesamte Schule, die Schulsporthalle und teilweise auch das Kinderhaus Klecks als Wärmeräume und als Treffpunkte und Versammlungsorte bei Notlagen zur Verfügung.

Wie lange steht Notstrom zur Verfügung?

Zum Betrieb der vorhandenen und in Kürze zusätzlich zur Verfügung stehenden Notstromaggregate hat die Gemeinde die bisherigen Kraftstoffreserven erhöht und sich außerdem weitere Liefermöglichkeiten gesichert. So ist es möglich, zumindest über mehrere Tage hinweg die Notfallstrukturen aufrecht zu erhalten.

Wie werden Notlagen und Krisensituationen koordiniert?

Ob Hochwasser, Unwetter oder die aktuellen Krisenszenarien – bei allen Notlagen und Gefahrensituationen sind Verwaltung, Feuerwehr und Rotes Kreuz rund um die Uhr und zu jedem Zeitpunkt des Jahres in Bereitschaft, um schnell und möglichst gezielt handeln und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Gefahrenbewältigung ergreifen zu können. Bei größeren oder länger andauernden Notlagen werden auch ständig besetzte Krisen- und Einsatzstäbe gebildet. Auch hier gilt: im Notfall sind das Rathaus und das Feuerwehrhaus immer besetzt und Anlaufstellen für auftretende Probleme.

Gemeinsam sparsam und umsichtig

Der sparsame Umgang mit allen Ressourcen und umsichtiges Handeln sind gerade im bevorstehenden Winter von ganz besonderer Bedeutung. Die Gemeinde geht deshalb mit gutem Beispiel voran und setzt die empfohlenen Maßnahmen auch so weit als möglich um. Die Raumtemperaturen werden abgesenkt, wo immer technisch möglich zentral, ansonsten durch Appell an alle Mitarbeitende und NutzerInnen der öffentlichen Einrichtungen, die gebotenen niedrigen Temperaturen einzuhalten. Wo immer aus hygienischen Gründen heraus verantwortbar, wurde auch das warme Wasser an Handwaschbecken abgestellt.

Warmes Wasser wird es aber zumindest bis auf weiteres geben, um in den Sportstätten zu duschen. Gemeinderat und Verwaltung haben diese Entscheidung bewusst getroffen, um Schule und Vereine, die sowohl durch die langen Corona-Beschränkungen als auch durch den Umbau und damit dem aktuellen Ausfall der Gemeindehalle ohnehin besonders beeinträchtigt waren oder sind, nicht noch weiter zu belasten. Und energetisch spielt es letztlich keine Rolle, ob das Duschen zuhause oder in den Einrichtungen stattfindet.

Und nicht zu vergessen: durch die Baumaßnahme an der Gemeindehalle ist in diesem Winter ohnehin der größte Energieverbraucher der Gemeinde stillgelegt, was sowieso für eine erhebliche Energieeinsparung sorgt.

Da in Kirchheim ohnehin keine Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden stattfindet, wird Strom im öffentlichen Raum eingespart durch ein früheres und stärkeres Absenken der Helligkeit der Straßenbeleuchtung. Dies gilt aus Gründen der Verkehrssicherheit aber nicht für die Ortsdurchfahrtsstraßen. Außerdem werden in den nächsten Monaten die noch nicht mit LED-Technik ausgestatteten Standorte der Straßenbeleuchtung auf die energiesparenderen LED-Leuchten umgestellt.

Einer wird dem Sparen aber nicht zum Opfer fallen: der Christbaum vor dem Rathaus. Aber auch hier wird Energie eingespart, zum einen durch den Einsatz neuer und energiesparender LED-Kerzen und zum anderen, weil der Christbaum im Advent in der Zeit von ca. 0.30 Uhr bis 5 Uhr im Gegensatz zu bisher ausgeschaltet wird. Ab dem 23. Dezember und bis zum 6. Januar wird er dann aber der Bedeutung dieser Zeit angemessen und als sichtbares Zeichen der Hoffnung wie gewohnt die ganze Nacht leuchten.

Kirchheim hat sich also mit viel Aufwand und großem Engagement mit den möglichen Herausforderungen der kommenden Zeit beschäftigt und versucht, sich bestmöglich für diese Zeit zu rüsten und vorzubereiten. Immer verbunden mit der Hoffnung, dass keine dieser Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Ihr

Uwe Seibold

Bürgermeister